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Risiken und Nebenwirkungen

Wir haben uns im Juli in einer Kinderwunschklinik beraten und neu untersuchen lassen. Ich wollte eine 2. Meinung einholen. Uns wurden unzählige Blutproben usw. entnommen, mit denen alle möglichen Tests (z.B. Genetik) gemacht wurden. Das Ergebnis sollten wir dann ca. 4 Wochen später in einem neuen Termin mitgeteilt bekommen.

 

Ich muss noch dazu sagen, dass der 1. Eindruck der Klinik nicht die Beste war. Ich hatte extra den spätest möglichen Termin vereinbart, da wir beide Vollzeit arbeiten gehen und wir noch eine mind. 30 min. Fahrt bis zur Klinik haben. Also hatten wir den Termin nach 18.00 Uhr. Als wir dort angekommen sind, haben wir die Klinik erst gar nicht gefunden und sind erstmal einmal um den Block gefahren. Es war einfach kein Hinweis zu finden. Dann hatten wir einfach mal irgendwo geparkt und sind mal rumgelaufen. Bis wir dann in einem total unscheinbaren hohen Gebäude mit Asia-Restaurant unten drin die Klinik gefunden hatten. Dann also rauf zur Klinik. Wir standen vor der Tür und was passierte - nix. Die Tür war zu, der Empfang verwaist und auf unser Klingeln passierte - nix. Ich war echt kurz davor einfach wieder nach Hause zu fahren. Aber dann kam ein anderes Paar gerade aus der Klinik und hat uns die Tür aufgemacht. Das nennt man dann den "1. Eindruck"? Wir sind dann einfach rein gegangen und haben mal geschaut, wer noch so alles da ist. Wir haben dann auch Angestellte gefunden, die in ein Gespräch vertieft waren und uns gar nicht richtig wahrgenommen hatten. Total unsensibel bei diesem Thema... Dienstleistung - was ist das? Wir haben dann unsere vorab ausgefüllten Fragebogen (Vorerkrankungen bei einem selber und in der Familie, Sportverhalten, Rauchen, Ernährung usw.) abgegeben und wurden dann in den Wartebereich geschickt. Besonders lange warten mussten wir nicht - das war doch mal etwas positives...

 

In dem ersten Termin sollte uns die ICSI "verkauft" werden, weil das unsere einzige Chance sei. Es bestand wohl zu keinem Zeitpunkt - für den Arzt - die Möglichkeit, dass wir diese gar nicht machen wollten. Wir wollten uns doch einfach mal beraten lassen, was grundsätzlich möglich ist und was nicht! Der Arzt, der uns beraten hat, ist felsenfest davon ausgegangen, dass wir beim zweiten Termin dann den Behandlungsplan vereinbaren würden und schon alle nötigen Genehmigungen der Krankenkassen bzw. den Krankenkassenwechsel durchgeführt sowie die verschriebenen Vitaminpräparate genommen hätten.

Ich fand das Gespräch furchtbar.

 

Wie kann der Wunsch nach einem eigenen Kind zu so einer "Verkaufsshow" werden? Auf unsere Nachfrage nach Risiken und Nebenwirkungen der Behandlung wurde lapidar so in etwa gesagt: Wenn irgendetwas auftreten sollte, dann ist das der Nervosität der Frau geschuldet." Waass? In den Unterlagen, die wir dann mitbekommen haben, standen dann die Risiken und Nebenwirkungen schwarz auf weiß drin (Überstimmulation - das kann zum Krankenhausaufenthalt führen bis hin zum Tod - Mehrlinge - ok, damit kann man leben - Verletzungen - welche? - Infektionen - toll - Frühgeburt - ok, kommt drauf an, welche Woche - Fehlbildungsrisiko - nicht akzeptabel). Mit unserer Unterschrift auf dem "Vertrag" wäre dann der Arzt aus der Sache mit den Risiken, Nebenwirkungen und Erfolgsaussichten raus. Uns wurde mündlich mitgeteilt, dass die Erfolgsaussichten bei ca. 40 - 45% pro Zyklus liegen würden... Klar, die Aussichten schwanger zu werden liegen in einem Zyklus normalerweise bei ca. 20%. Seine hohe Prozentzahl begründete der Arzt damit, dass ja nachgeholfen und das befruchtete Ei eingesetzt werde und somit die Prozentzahl deutlich höher liege.

Offizielle Studien zu Fehlbildungen, Anfälligkeiten für Krankheiten oder evtl. Behinderungen der Kinder gibt es leider nicht. Manche Frauen gehen das Risiko, auch der eigenen Gesundheit, nur bereitwillig ein - ohne offensichtlich darüber nachzudenken oder nehmen einfach alles in Kauf. Ich mache diesen Frauen KEINEN VORWURF!!! Ob die Risiken und Nebenwirkungen eingegangen werden, muss jeder selber entscheiden!

Ich möchte aber in 5, 10 oder 20 Jahren noch gesund sein und nicht von den Nebenwirkungen der Hormone, die ich mir selber in den Bauch spritzen soll, Krebs oder ähnliches bekommen. Auswirkungen auf die Ehe oder ein behindertes Kind zu bekommen stehen auch im Raum und müssen wohl überlegt werden. Möchte ich ein Kind um jeden Preis und dann aber ggf. keinen Ehemann mehr, weil die Prozedur zu nervenaufreibend war und man sich nur noch gestritten hat? Möchte ich ein behindertes Kind, weil ich einen Egotripp hatte? Kann ich DAMIT leben?

 

Ca. 4 Wochen später war dann der zweite Termin in der Kinderwunschklinik. Wir hatten wieder einen sehr späten Termin bekommen. Dieses Mal kamen wir allerdings unproblematischer rein. Besonders freundlich waren die Angestellten auch dieses Mal nicht. Nach kurzem Warten kam der Arzt und wir besprachen die Testergebnisse. Kurz gesagt: alles so wie gehabt. Aber sonst alles ok. 

 

Ich hatte in dem zweiten Gespräch in der KiWu-Klinik dem Arzt nochmal mehrfach gesagt, dass wir uns noch nicht entschieden hätten, ob wir überhaupt eine künstliche Befruchtung machen würden. Er hat dann tatsächlich eingelenkt und hat uns verabschiedet mit dem Hinweis, dass wir uns melden könnten, wenn wir uns für eine ICSI entschieden hätten. 

 

Hier ein Link zu einer sehr interessanten Website, die sich mit den Erfolgsaussichten, Risiken und Nebenwirkungen beschäftigt - aber natürlich alles OHNE offizielle Studien! 

 

Ich muss sagen, so unwohl und wie in einem Verkaufsgespräch habe ich mich vorher noch nie irgendwo gefühlt. Das "Wunschkind" ist dort eine Ware, mit der man sich den Porsche in der Garage oder das Boot auf dem See finanziert. Einfühlungsvermögen, Verständnis, psychologische Hilfe - gibt es LEIDER nicht. Ich hoffe inständig, dass diese Klinik hier die Ausnahme ist. 

 

Wir für uns sind nach ca. 6 Monaten nach der "Diagnose" unfruchtbar jetzt an dem Punkt angelangt, wo wir uns zu 95% dafür entschieden haben KEINE ICSI zu machen. Wir glauben, dass wir das als Paar evtl. nicht überstehen, dass ich das psychisch nicht schaffe und wir haben Angst vor den Risiken und Nebenwirkungen. 

 

Ja, ich möchte ein Kind - ein gesundes. Ich möchte mit meinem Mann alt und schrumplig werden - auch ohne Kind. 

 

Ich bin sehr traurig, aber ich glaube, dass es die richtige Entscheidung sein wird.

Kommentare: 1
  • #1

    Helga (Sonntag, 04 November 2018 09:13)

    Hallo Stephanie!
    Erst mal Gratulation für deinen Mut zu diesem Blog! Ich finde es toll, dass es immer mehr Frauen gibt, die zum Thema 'ungewollte Kinderlosigkeit' ihr Schweigen brechen.
    Ich bin durch die Seite von Elaine hierher gestoßen.
    Der Gedanke 'Leben ohne Kind' ist für mich schon sehr Realität geworden. Allerdings brauchte ich Jahre, bevor ich den Gedanken an so eine Option überhaupt zulassen konnte...
    Leider habe ich mit der Kinderwunschklinik auch eine wenig erfreuliche Bekanntschaft gemacht. Ich erzähle dir mal kurz wie es bei mir war.
    Ich hatte mich zu einem Immunologen begeben, weil ich herausfinden wollte, ob ein überaktives Immunsystem schuld daran sei, dass ich seit meiner Fehlgeburt in 2013 nicht mehr schwanger werden konnte (es gibt Autoimmunkrankheiten bei mir, doch die Ärzte bestreiten dass es irgendwas damit zu tun haben könnte)
    Dieser schickte mich weiter in die Kiwu-Klinik. Ich hatte mich geweigert dort hinzugehen, aus Angst, dass man mich belächeln und wieder heimschicken würde - weil ich bereits Mitte 40 war. Der Doktor meinte, ich solle mich nicht schämen, seine Frau habe ebenfalls mit 45 noch ein Kind bekommen. Nun denn..
    Diese distanzierte und unpersönliche Atmosphäre habe ich dort auch gespürt. Wobei ich es auch ziemlich persönlich nahm. Immerhin hat man mir Blutproben ausgewertet und versucht, eine Eileiterdurchgängigkeitsprüfung zu machen (was leider misslang weil ich zu verkrampft war).
    Am Ende erklärte mir der Arzt ganz nüchtern, dass sie nichts weiter für mich tun könnten. Weil die Eizellqualität aufgrund meines Alters zu schlecht sei. Ob ich eine Eizellenspende in Erwägung ziehe? Es war wie eine Ohrfeige ins Gesicht. Genau DESHALB hatte ich eben nicht herkommen wollen...
    Denn für mich ist das eben keine Option. Wenn ich ein Kind bekomme, dann eines, das wirklich von uns ist, von mir und meinem Mann. Ansonsten bleibe ich lieber ohne Kind. Nicht immer wird auch das verstanden...
    Auf meine Frage, ob man wegen immunologischer Sterilität etwas untersuchen könne, hat der Arzt nur abgewinkt. Es liege einzig und allein alles nur am Alter. Aha. Und Frauen, die ein gewisses Alter haben, können nicht AUCH an anderen Komplikationen leiden? Verschwendete Liebesmüh. Ich werde noch immer so ärgerlich wenn ich an diese Überheblichkeit zurückdenke.
    Im Grunde dreht sich alles nur um Statistiken. Wo eine relativ hohe Erfolgsaussicht besteht, da wird behandelt. Einer 10 Prozent Chance wird keine Möglichkeit eingeräumt. Auch dann nicht, wenn ich alles selbst bezahlt hätte.
    Denn die geringeren Erfolgsaussichten schmälern die Statistik und somit den guten Ruf der Klinik...
    Ich frage mich auch: wo bleibt hier die Menschlichkeit?
    Es geht hier nicht darum, Paaren zu helfen. Es ist alles ein Geschäft.
    Dennoch, eigentlich ist es ja gut, dass es solche Kliniken überhaupt gibt. Nur leider eben nicht für alle.....
    Sorry, liebe Stephanie, das war vielleicht ein bisschen Off-Topic und passte nicht so ganz zu deiner Situation.
    Das Grundthema ist trotzdem das gleiche: es ist alles eine ziemlich nüchterne Angelegenheit.
    Wie auch immer du deine Entscheidungen triffst, sie sollen jedenfalls nicht nur im Kopf geschehen sondern auch aus dem Bauch, dem Herzen kommen.
    Einen schönen Sonntag!
    Helga